Empfehlens-Wert:
Freunde machen gesund
Die Nummer 1 für ein langes Leben: deine Sozialkontakte
Die Kernthese dieses Buches hat mich ernsthaft überrascht: Nicht die Ernährung, Bewegung oder Medizin sorgen an erster Stelle für ein langes, gesundes Leben, sondern die sozialen Kontakte zu anderen Menschen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Autorin meint damit nicht, dass wir jetzt alle rauchen, uns die Bäuche vollschlagen und alle ärztlichen Ratschläge in den Wind schießen sollen, ganz im Gegenteil. Es ist nur einfach so, dass gute persönliche Beziehungen offenbar von allen beteiligten Faktoren den größten Einfluss auf unsere Gesundheit und Lebenserwartung haben.
Ich finde, das hat eine gewisse Ironie: Während wir alle möglichen Diäten und Trainingsmethoden ausprobiert haben, hat so mancher von uns vor lauter Selbstoptimierung vielleicht ausgerechnet den wichtigsten Gesundheitsfaktor sträflich vernachlässigt, weil man gar keine Zeit mehr für Familie, Freunde, Nachbarn und all die anderen hat, mit denen wir bedeutungsvolle Gespräche führen und uns wohlfühlen können.
Diese folgenreiche These untermauert die Autorin, ihres Zeichens Psychologin, mit einer überwältigenden Fülle an Studien und wissenschaftlichen Zusammenhängen. Dabei kommt die Psychologie genauso zum Zuge wie die Hirnforschung und soziologische Erkenntnisse. Die Literaturliste ist umfangreich – wer es also genau wissen und tief in die Hintergründe einsteigen will, findet hier reichlich Stoff.
Persönlich haben mich die Teile 3 und 4 in der zweiten Hälfte des Buches am meisten angesprochen, denn dort geht es sehr praxisorientiert zu. Dort analysiert die Autorin, wie sich unsere moderne Lebensgestaltung auf unser Beziehungsgeflecht auswirkt und wie wir unsere digital-entfremdete Lebensweise wieder sozialer gestalten können. Dabei helfen u. a. sechs Beziehungsprinzipien, von denen die meisten schon gehört haben dürften – die in diesem konkreten Kontext aber auf ganz neue Weise Relevanz entwickeln: Empathie dient nun nicht mehr nur der Verständigung und Lernen nicht mehr nur dem Erfolg. Plötzlich haben sie Einfluss auf unsere Gesundheit und darauf, wie lange wir in hoher Qualität leben werden.
Besonders gut gefällt mir, dass die Autorin den schönen Begriff der „Beziehungsfülle“ mit realistischen Erwartungen und konkreten Tipps zu füllen vermag. Es geht, so verstehe ich die Botschaft, eben nicht darum, dass wir Tausende Kontakte auf Social Media brauchen und unseren antrainierten Narzissmus mit virtuellem Applaus befriedigen müssten. Es geht darum, dass wir eine überschaubare Zahl bedeutungsvoller Kontakt – und zwar in unterschiedlicher Intensität – brauchen, um uns gesehen, verstanden, sicher und geborgen zu fühlen.
Mich hat das Buch damit nicht zuletzt auch daran erinnert, was wir wirklich brauchen, um gut zu leben. Allein dafür verdient es schon eine Empfehlung!
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