Greator-Festival – Rückblick 2023

Seit Jahren bildet das Greator Festival eines der Highlights im rhetorischen Event-Kalender – und zwar ganz unabhängig davon, für welches Thema man sich im weitgesteckten Rahmen des Themenfelds Persönlichkeitsentwicklung interessiert.

Ich persönlich schätze dieses Event für zwei Dinge:
Zum einen kann ich bei keinem anderen Event im deutschsprachigen Raum so viele Menschen auf einmal erreichen wie bei diesem Großereignis in der Lanxess-Arena in Köln. 15.000 Zuschauer waren in diesem Jahr live dabei, als sich etablierte und neue Redner und Trainer mit den verschiedensten Expertisen das Mikro in die Hand gaben.
Zum anderen ist die Atmosphäre bei diesem aufwändig inszenierten Event europaweit ihresgleichen. Mehr als 100 Speaker auf 6 Bühnen unterschiedlicher Größe, und jede davon atemberaubender inszeniert als die andere: Das bietet kein anderer Veranstalter. Noch eindrucksvoller ist nur die Energie des Publikums: Beim Greator Festival spürt man von der Bühne aus so viel Euphorie aus den Zuschauerreihen, dass man jedes Bisschen Energie zurückbekommt, das man als Redner in seinen Auftritt steckt.

Durfte ich im letzten Jahr als Headliner auf der großen Bühne – der Main Stage – stehen, konnte ich in diesem Jahr – neben meinem Redeauftritt zum Thema „Kraft der Rhetorik“ – ein ganz neues Format in diesem Rahmen ausprobieren: In einer Podiumsdiskussion hatte ich die Gelegenheit, mit Markus Lanz und Richard David Precht über den Status quo unserer Debattenkultur zu diskutieren.

Bei diesem Anlass konnte ich gut an mir selbst beobachten, was auch im Alltag großen Einfluss auf unsere Gespräche nimmt: die Macht der Erwartungshaltung. Bei manchen Gesprächspartnern rechnen wir von vornherein mit einem bestimmten Gesprächsverhalten oder auch bestimmten Einwänden – und lassen uns davon beeinflussen, bevor überhaupt ein Wort gewechselt ist.
Natürlich mache ich mir genauso ein Bild von prominenten Menschen wie jeder andere auch. Ich war im Vorfeld durchaus skeptisch gewesen, inwiefern ein meinungsstarker Gesprächspartner wie Richard David Precht sich auf meine Thesen und Fragen einlassen würde – gerade zum Thema Debattenkultur. Je nach Vorerfahrung kann man von solchen Überlegungen schon in der Vorbereitung gehemmt werden und die Diskussion am Ende selbst unbewusst beeinflussen – eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Markus Lanz sorgte schon hinter der Bühne für eine Überraschung, als wir uns vorab begrüßten. Auch von ihm hatte ich eine bestimmte Vorstellung und eine Meinung über seinen Stil, wie es wohl für die meisten Deutschen gilt. Zudem war ich selbst an diesem Tag angespannter als sonst. Mein übliches Spielfeld ist die freie Rede, kein Interview mit prominenten Meinungsträgern. Jedes Kennenlernen geht mit einer gefühlten Distanz einher – insbesondere mit jemandem wie ihm, den man nur vom Bildschirm kennt. Doch er nahm jegliches Befremden einfach vorweg und stellte Augenhöhe her, indem er mir mitteilte, dass er einige YouTube-Videos von mir gesehen und großen Gefallen daran gefunden habe. „Das wird bestimmt ein richtig gutes Gespräch heute“, stimmte er uns auf die Diskussion ein. Besser kann man gefühlte Distanz nicht aufheben; eine Eisbrecher-Gewohnheit, von der sich viele Absender eine Scheibe abschneiden können, prominent oder nicht. Nicht nur das Eis wird auf diese Weise gebrochen, auch das Engagement des Gesprächspartners steigt – von der Stimmung ganz zu schweigen.

Das Schöne an der Erwartungshaltung ist eben, dass sie auch positiv gebrochen werden kann: Nicht nur kam an diesem Tag eine spannende Diskussion zustande, die durchaus komplexen Inhalte wurden vom Publikum auch sehr gut angenommen.
Oft sind eben doch und gerade dann sehr gute Gespräche möglich, wenn die Gesprächspartner sich gerade wegen ihrer rhetorischen Unterschiedlichkeit aufeinander einlassen. Erwartungen und auch Vorurteile zu überwinden ist deshalb nicht nur in Bezug auf die Inhalte wichtig, sondern auch in Bezug auf Gesprächspartner. Diese Offenheit ist es letztlich, die eine bewusste und empathische Dialogkultur ausmacht.
Einige meiner persönlichen Highlight-Zitate aus der Diskussion auf der Bühne spiegeln das:
• „Der Politiker stolpert nicht über den Fehler, sondern über den Umgang mit dem Fehler.“
• „Wir flüchten uns in die Semantik und reden nicht mehr über das Phänomen dahinter.“
• „Ich glaube, wir haben heute genauso viele tolerante Menschen wie vor 20 oder 30 Jahren, aber die Intoleranten sind ins Rampenlicht gestiegen, und das verändert die Kultur im Land.“
• „In der Sache klar und zum Menschen respektvoll, das muss irgendwie gehen.“

Spannend für mich als Redner ist an diesem Event jedes Jahr natürlich auch die geballte Begegnung mit so vielen wunderbaren Kolleginnen und Kollegen auf einem Fleck. Besonders begeistert hat mich in diesem Jahr aber nicht nur das prominente Lineup – sondern zu sehen, wieviel aufstrebender Rednernachwuchs der Szene inzwischen seinen Stempel aufdrückt. Zum Glück, und damit spreche ich vielen Kollegen aus der Seele, wagen endlich auch mehr Rednerinnen den Schritt auf die Bühne. Zugleich wünsche ich mir allerdings, dass es noch viel mehr werden mögen, denn von einem ausgewogenen Verhältnis kann noch längst keine Rede sein. Dasselbe trifft auf die Rednerinnen-Liste jedes rhetorischen Großevents zu. Nicht nur aus diesem Grund bin ich schon heute gespannt auf das Greator Festival 2024.

Meine persönliche Bildstrecke vom Greator Festival 2023 sehen Sie weiter unten.

 

 

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